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Wie funktionieren Atomuhren?

Atomuhren sind die genauesten Zeitmesser der Menschheitsgeschichte. Ihre Fehlerquote beträgt eine Sekunde – in bis zu 100 Millionen Jahren. Wie funktionieren diese Superuhren?

Atomuhren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt PTB in Braunschweig

Atomuhren der PTB.

ptb.de

Was misst eine Atomuhr?

Ein Atomuhr ist darauf ausgelegt, Sekunden zu messen. Die Sekunde ist die Basiseinheit der heutigen Zeitrechnung. Von ihr werden alle anderen Einheiten abgeleitet.

Offiziell ist eine Stunde ist also nicht der 24. Teil eines Tages, sondern die Summe von 3600 Sekunden.

9192631770 Schwingungen

Aber was genau ist eine Sekunde? Seit 1967 wird sie im internationalen Einheitensystem SI definiert als die Zeitspanne, in der ein Cäsium-Atom seinen Energiezustand wechselt – und zwar exakt

9 Milliarden 192 Millionen 631 Tausend 770 Mal.

Im offiziellen Jargon heißt das: “Die Sekunde ist das 9 192 631 770-fache der Periodendauer der Strahlung, die dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids Cs-133 entspricht.”

Funktionsweise einer Atomuhr

Verdampfen, bündeln, sortieren

Cäsium-Atome werden zunächst in einem Ofen verdampft und dann zu einem Atomstrahl gebündelt. Die Atome befinden sich in einem von zwei möglichen Energiezuständen (“Hyperfeinstrukturniveaus”) – nennen wir sie Zustand A und Zustand B.

Für die Zeitmessung können nur Atome verwendet werden, die sich in Zustand A befinden. Deshalb wird der Atomstrahl zunächst durch ein Magnetfeld geschickt, welches die Atome nach ihrem Zustand sortiert und alle Atome im Zustand B entfernt.

Schematische Darstellung der Funktionsweise einer Atomuhr.

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©timeanddate.de

Bestrahlen und zählen

Die verbleibenden Atome – alle im Zustand A – werden durch einen Resonator geleitet. Dort wird ein Mikrowellenfeld erzeugt, welches manche der Atome dazu veranlasst, zum Zustand B zu wechseln. Hinter dem Resonator sortiert ein zweites Magnetfeld alle Atome aus, die sich noch im Zustand A befinden. Ein Zählwerk registriert dann die Atome, die Zustand B angenommen haben.

Justieren und messen

Der Anteil der Atome, die im Resonator ihren Zustand wechseln, hängt von der Frequenz des Mikrowellenfeldes ab. Diese kann justiert werden. Je exakter diese mit der Eigenfrequenz des Atomstrahls übereinstimmt, desto mehr Atome wechseln von Zustand A zu Zustand B, und desto größer ist die Anzahl der Atome, die das Zählwerk am Ende des Apparats registriert.

Das Ziel ist, diese exakte Frequenz zu treffen und ihre Periodendauer zu messen. Nach genau 9 192 631 770 Schwingungen ist eine Sekunde vergangen.

Wie genau ist eine Atomuhr?

Die Genauigkeit von Atomuhren variiert und wird ständig verbessert. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig nahm 1999 eine Atomuhr (Typ Cäsium-Fontäne) in Betrieb, die als beste Uhr Deutschlands gilt. Ihre Abweichung beträgt eine Sekunde in 30 Millionen Jahren. Das entspricht drei Millionsteln einer Sekunde in einem Menschenleben.

Eine noch genauere Atomuhr steht in Boulder im US-Bundesstaat Colorado. Die Fehlerquote dieser Cäsium-Fontäne beträgt eine Sekunde in etwa 100 Millionen Jahren.

Die Strontium-Gitter-Uhr, auch optische Atomuhr genannt, wird gerade entwickelt. Sie soll in 15 Milliarden Jahren um eine Sekunde abweichen. Das weltweit erste Exemplar steht ebenfalls in Boulder.

Tatsächlich sind moderne Atomuhren weitaus präziser als die durch den Sonnenlauf bestimmte Uhrzeit: Die Erde dreht sich nicht gleichmäßig schnell, die Tageslänge schwankt täglich.

Wozu braucht man Atomuhren?

Atomuhren werden zum Beispiel zur Bestimmung der Internationalen Atomzeit (TAI) verwendet. Dieser Zeitstandard bildet – zusammen mit der Sonnenzeit UT1 – die Basis für die Koordinierte Weltzeit (UTC), und so für die offizielle Uhrzeit in Zeitzonen rund um den Globus.

Auch Satellitennavigationssysteme wie GPS, GLONASS und Galileo sind für präzise Positionsbestimmungen auf eine sehr genaue Zeitmessung angewiesen.

Standort: Wo steht die Atomuhr?

Es gibt hunderte von Atomuhren weltweit. Auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz werden Atomuhren unterhalten.

Deutschland

Die nationale Atomzeit für Deutschland TA(PTB) basiert auf der Zeitmessung der Atomuhren in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig.

Österreich

Das österreichische Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) in Wien trägt mit seinen Atomuhren zur Messung der TAI bei. Das nationale Zeitnormal für Österreich wird UTC(BEV) genannt.

Schweiz

In der Schweiz ist das Eidgenössisches Institut für Metrologie (METAS) in Wabern bei Bern für die Darstellung der Sekunde und damit für die Errechnung der schweizerischen Atomzeit TAI(CH) zuständig.

Themen: Zeitmessung, Zeitzonen, Schaltsekunden, Fun Facts