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Spiegelt unsere Uhrzeit die Sonnenzeit wider?

In manchen Ländern weicht die Uhrzeit drastisch von der Sonnenzeit ab. Ist das in Deutschland, Österreich und Schweiz auch so? Welche Uhrzeit ist “natürlicher”: Normalzeit (MEZ) oder Sommerzeit (MESZ)?

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15° östliche Länge und MEZ- / MESZ-Gebiete.

Sonnenzeit und Zonenzeit

Zeitzonen vereinfachen das Leben. Würden wir uns nach der Sonne richten, hätte jede Stadt ihre eigene Uhrzeit. Das war tatsächlich einmal so. Doch mit zunehmender Vernetzung hat man sich darauf geeinigt, Ortszeiten in Zonen zusammenzufassen.

In der Theorie sollte jede Zeitzone 15 Längengrade abdecken und um eine Stunde von der nächsten Zeitzone abweichen. Die dort gültige bürgerliche Uhrzeit sollte die Sonnenzeit am jeweiligen Längengrad widerspiegeln.

Doch politische und topografische Faktoren verzerren die Zeitzonengrenzen und manche Länder liegen sogar gänzlich außerhalb der Zeitzone, die ihnen der Lauf der Sonne vorgibt (siehe Zeitzonenkarte).

In Spanien gehen die Uhren falsch

Spanien ist so ein Beispiel: Hier drehte der Diktator Francisco Franco im Jahr 1940 an der Uhr. Sein Land sollte in derselben Zeitzone liegen wie das befreundete Nazideutschland, die Uhren wurden um eine Stunde nach vorne gestellt. Das Land hat seine Zeitzone seitdem nicht mehr geändert.

Dazu gäbe es aber einen guten Grund. Denn die mitteleuropäische Zeit (MEZ) orientiert sich an der mittleren Sonnenzeit am Längengrad 15° Ost, von dem westliche Teile Spaniens knapp 2000 Kilometer entfernt liegen. So erreicht die Sonne in Vigo an der spanischen Westküste Mitte Februar erst um 13:49 Uhr den Höchststand. Die bürgerliche Zeit ist der wahren Ortszeit also um fast zwei Stunden voraus. Das hat zur Folge, dass die Sonne Ende Dezember erst um kurz nach 9 Uhr aufgeht.

Noch extremer ist die Zeitverschiebung im Sommer, wenn die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) in Kraft tritt und die Uhren um eine Stunde nach vorne gestellt werden. Anfang August erreicht die Sonne so erst um 14:41 Uhr Ortszeit den höchsten Stand.

Sollte in Deutschland ganzjährig Sommerzeit gelten?

Auch in Deutschland, Österreich, in der Schweiz und im restlichen Mitteleuropa gilt momentan die mitteleuropäische Zeit (MEZ) als Normalzeit und die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) als Sommerzeit. Im Winter ist es bei uns also eine Stunde später als Greenwich Mean Time (GMT) und Koordinierte Weltzeit (UTC), im Sommer zwei Stunden.

Wenn Zeitumstellungen in der EU aber tatsächlich abgeschafft werden, müssen wir uns für eine Zeitzone entscheiden – ganzjährige Normalzeit (MEZ) oder ganzjährige Sommerzeit (MESZ). Welche Variante passt also besser zur örtlichen Sonnenzeit? Welche Zeit ist “natürlicher”?

MEZ ist die Sonnenzeit in Ostdeutschland und Ostösterreich

Die mitteleuropäische Zeit (MEZ) orientiert sich an der Sonnenzeit bei 15° östlicher Länge (siehe Bild). Dieser Längengrad verläuft in etwa parallel mit der Grenze zwischen Deutschland und Polen. Dort stimmt die Normalzeit – je nach Jahreszeit – also ziemlich exakt mit der Sonnenzeit überein, die Sonne erreicht gegen 12 Uhr Mittags den Höchststand (zum Beispiel, siehe “wahrer Mittag” in Görlitz).

Östlich des Längengrades, etwa in Wien, hinken die Uhren der wahren Ortszeit ein paar Minuten hinterher. Westlich davon, also in weiten Teilen Deutschlands sowie in der Schweiz und westlichen Gegenden Österreichs, zeigen die Uhren jedoch eine merklich spätere Zeit an, als dies vom Lauf der Sonne vorgegeben wird. So groß wie in Vigo ist die Abweichung freilich nicht:

MESZ ist die Sonnenzeit in der Ukraine und Weißrussland

Viel drastischer wird die Abweichung jedoch während der Sommerzeitperiode. Dann orientieren sich unsere Uhren an der Sonnenzeit bei 30° östlicher Länge. Dieser Längengrad durchquert zum Beispiel die Ukraine und das östliche Weißrussland.

Werden die Uhren also auf Sommerzeit vorgedreht, muss zu den oben aufgelisteten Abweichungen zwischen MEZ und Sonnenzeit noch etwa eine Stunde hinzugerechnet werden. In Aachen erreicht die Sonne im August zum Beispiel erst gegen 13:40 Uhr MESZ den Höchststand. Die Sonne geht entsprechend spät auf und unter.

Besonders problematisch wäre eine ganzjährige Sommerzeit aber während der Wintermonate, da die Sonne dann ohnehin spät aufgeht. In Berlin findet der Sonnenaufgang Ende Dezember momentan um 8:17 Uhr MEZ statt – bei Sommerzeit würde sich die Sonne erst um 9:17 Uhr blicken lassen. Das gesellschaftliche Leben würde sich noch weiter vom Lauf der Sonne entfernen und wir müssten einen größeren Anteil unseres Tages im Dunkeln verbringen.

MEZ ist die “natürlichere” Uhrzeit

Sollte die EU also tatsächlich alle Zeitumstellungen abschaffen und die Länder Europas vor die Wahl stellen, ob fortan ganzjährig Normalzeit oder Sommerzeit befolgt werden soll, wären sowohl Deutschland als auch Österreich und die Schweiz gut beraten, die Normalzeit MEZ zu wählen.

Zwar weicht auch diese teilweise beträchtlich von der örtlichen Sonnenzeit ab, besonders in den westlichen Gefilden der deutschsprachigen Länder – die Abweichung ist jedoch bei der Sommerzeit MESZ noch viel größer.

Weltrekorde

Selbst Spanien kann in Sachen Sonnenzeit nicht mit manchen von diesen Spitzenreitern mithalten. An den folgenden Orten ist die bürgerliche Normalzeit der Sonnenzeit besonders weit voraus:

Es gibt jedoch auch Orte, an denen die bürgerliche Zeit der Sonnenzeit hinterherhinkt. Beispiele:

* Ungefähre Abweichung im Januar. Tatsächliche Abweichung schwankt im Jahresverlauf (siehe Zeitgleichung).

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