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Sonnenzeit: Was und wann ist Mittag?

Der wahre Mittag ist der Zeitpunkt, zu dem die Sonne den örtlichen Meridian überquert und ihren Höchststand erreicht. In den meisten Gegenden passiert dies nicht um 12 Uhr mittags.

Blauer Himmel mit Mittagssonne im Mittelpunkt, eingerahmt von mehrstöckigen Stadthäusern.

Mittag: Sonne erreicht Höchststand.

©iStockphoto.com/KavalenkavaVolha

12 Uhr vs Sonnenhöchststand

Mittag – das Wort hat im Deutschen zwei verschiedene Bedeutungen:

  1. Im alltäglichen Sprachgebrauch ist die Bezeichnung gleichbedeutend mit 12 Uhr – dem Moment in der Mitte des Tages, der in der bürgerlichen Zeitmessung den Vor- und Nachmittag voneinander trennt und den zeitlichen Gegenpol zur Mitternacht darstellt. Der Zeitraum um diesen Moment herum wird auch Mittagszeit genannt.
  2. Astronomen verstehen den Mittag als jenen Zeitpunkt, an dem die Sonne den örtlichen Meridian (Längengrad) überquert und ihren höchsten Stand erreicht – außer am Nord- und Südpol. Diese auf Sonnenzeit basierende Version des Mittags wird auch wahrer Mittag oder astronomischer Mittag genannt. Im Englischen bezeichnet man diesen Moment als solar noon oder high noon.

Der Meridian und die Sonne

Ein Meridian ist eine imaginäre Linie, die zwischen Nordpol und Südpol entlang der Erdoberfläche verläuft. Diese Linie verbindet alle Orte mit demselben Längengrad – also Orte, die genau nördlich oder südlich voneinander liegen. Die Linie, die vom Nord- zum Südpol läuft und dabei Ihren Standort kreuzt, ist Ihr örtlicher Meridian.

Der wahre Mittag findet an Ihrem Standort dann statt, wenn Ihr örtlicher Meridian aufgrund der Erdrotation die Seite der Erde erreicht, die der Sonne zugewandt ist. In dem Moment, an dem Ihr Meridian genau auf die Sonne ausgerichtet ist, erreicht diese aus Ihrer Perspektive den höchsten Stand (Vertikalwinkel) des Tages und erscheint, je nach Breitengrad Ihres Standortes und je nach Jahreszeit, entweder genau im Süden, im Norden oder im Zenit, also genau über Ihnen.

Da der Zeitpunkt des wahren Mittags allein vom Längengrad abhängt, findet er an allen Orten, die auf derselben Länge liegen, gleichzeitig statt.

Wann ist Mittag?

In den meisten Gegenden findet der wahre Mittag nicht um 12 Uhr statt. Durch die Rotation der Erde bewegt sich der Meridian, an dem gerade Mittag herrscht, allmählich von Ost nach West. Ein paar Kilometer östlich von Ihnen erreicht die Sonne den Höchststand also wenige Minuten früher als an Ihrem Standort; westlich von Ihnen ist etwas später Mittag.

Da wir unsere Uhren jedoch nicht nach der Sonne stellen, sondern nach der in der jeweiligen Zeitzone gültigen, standardisierten bürgerlichen Zeit, stimmen unsere Uhren an den meisten Orten nicht exakt mit dem Sonnenlauf überein. Während sich der wahre Mittag also langsam und gleichmäßig über die Erdoberfläche bewegt, springt die bürgerliche Uhrzeit an der Grenze zwischen zwei Zeitzonen abrupt von einer Zonenzeit zur nächsten – meistens beträgt der Zeitunterschied eine volle Stunde.

Die Zusammenfassung der bürgerlichen Zeit in Zeitzonen bedeutet also, dass der wahre Mittag in östlichen Gefilden einer Zeitzone zu einer früheren Uhrzeit stattfindet als im Westen derselben Zone.

Selbst bei einer idealen Zeitzone mit einer Breite von 15 Längengraden, bei der die bürgerliche Uhrzeit von der Sonnenzeit am Längengrad in der Mitte der Zeitzone abgeleitet wird, käme so ein beachtlicher Zeitunterschied zusammen: An der östlichen Grenze fände der wahre Mittag um 11:30 Uhr statt, an der westlichen Grenze um 12:30 Uhr.

China: spätester Mittag der Welt

Im wahren Leben ist der Unterschied zwischen Sonnenzeit und Zonenzeit oft sogar noch größer, da sich viele Zeitzonen nicht an dieses Idealformat halten. Geografische und politische Faktoren verzerren vielerorts die Grenze von einer Zone zur nächsten.

Ein Extrembeispiel ist China. Das Land umspannt etwa 60 Längengrade, aber es gilt landesweit dieselbe Ortszeit. Aus diesem Grund findet der wahre Mittag in westlichen Gebieten des Landes erst nach 15 Uhr statt – das ist Weltrekord.

In vielen Ländern, darunter auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz, wird die Abweichung zwischen Zonenzeit und Sonnenzeit durch die Zeitumstellung auf Sommerzeit für einen Teil des Jahres noch vergrößert.

Elastische Sonnenzeit

Wenn Sie jedoch zufällig auf dem Längengrad wohnen, von dessen Sonnenzeit die bürgerliche Zeit in Ihrer Zeitzone abgeleitet wird, erreicht die Sonne bei Ihnen tatsächlich um etwa 12 Uhr ihren Höchststand. In Deutschland ist dies entlang der Grenze zu Polen der Fall, zum Beispiel in Görlitz, in Österreich in Leoben – jedoch nur, wenn gerade keine Sommerzeit gilt.

Selbst an diesen Orten stimmt dies jedoch auch nur an manchen Tagen. Die Erdrotation und die Bewegung der Erde im Verhältnis zur Sonne sind nicht völlig konstant. Deswegen sind manche Sonnentage – ein Sonnentag ist die Zeitspanne zwischen zwei wahren Mittagen – geringfügig länger als andere, das Tempo der Sonnenzeit schwankt also. Dieses Phänomen nennt man Zeitgleichung.

Um die Wintersonnenwende der Nordhalbkugel im Dezember ist der zeitliche Abstand zwischen zwei wahren Mittagen zum Beispiel etwas größer. Die Sonne überquert den örtlichen Meridian zu dieser Jahreszeit also jeden Tag etwas später. Zu anderen Teilen des Jahres, zum Beispiel in den Tagen und Wochen nach der Sommersonnenwende der Nordhalbkugel im Juni, sind die Sonnentage etwas kürzer und der wahre Mittag findet jeden Tag früher statt.

Mittag an Nordpol und Südpol

Alle Meridiane laufen an den Polen zusammen. Im Gegensatz zu allen anderen Orten auf der Erdoberfläche kann also weder dem Nord- noch dem Südpol ein eindeutiger Meridian zugeordnet werden. Dies bedeutet, dass es dort auch keinen Mittag gibt, denn dieser wird ja per Definition am Meridian eines Ortes festgemacht.

Tatsächlich erreicht die Sonne hier ihren Höchststand auch nicht zu einer bestimmten Tageszeit. Stattdessen steigt sie im Winter und Frühjahr konstant an, der Höchststand fällt auf den Tag der Sommersonnenwende. Danach, im Sommer und Herbst, sinkt sie wieder Tag für Tag, bis sie zur Wintersonnenwende den Tiefststand erreicht. So entsteht an den Polen die sechsmonatige Polarnacht zwischen Herbst-Tagundnachtgleiche und Frühjahrs-Tagundnachtgleiche, gefolgt von sechs Monaten Mitternachtssonne in der gegenüberliegenden Jahreshälfte.

Themen: Erde, Sonne, Weltzeit, Zeitmessung, Zeitzonen, Astronomie