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Was und wann ist die blaue Stunde?

Die blaue Stunde ereignet sich während der dunkleren Phasen der Morgen- und Abenddämmerung. Die Sonne befindet sich dann recht weit unterhalb des Horizonts und taucht den Himmel in magisches, tiefes Blau.

Italienisches Dorf Mararola in Cinque Terre bei Dämmerung; hell bereuchtete Häuser an einem Hang über dem Meer.

Blaue Stunde in Manarola, Cinque Terre, Italien.

©bigstockphoto.com/Roman Slavik

Blaue-Stunde-Rechner

Mit unserem Sonnenzeiten-Rechner können Sie auch die Uhrzeiten der blauen Stunde berechnen. Einfach auf ein Zeile in der Tabelle im unteren Teil der Seite klicken, mit der Maus über die Grafik fahren und Vertikalwinkel zwischen -4 und -8 Grad finden. Die entsprechende Uhrzeit wird direkt darüber angezeigt.

Definition der blauen Stunde

Bei klarem Himmel ist der Übergang zwischen Tag und Nacht in der Regel ein farbenfrohes Spektakel. Während der Morgen- oder Abenddämmerung tauchen die indirekten Sonnenstrahlen den Himmel in grelles Gelb, feuriges Orange oder geheimnisvolles Blau. Die blaue Stunde bezieht sich auf die Zeitspanne, in der sich die Sonne so weit unterhalb des Horizonts befindet, dass das blaue Lichtspektrum dominiert.

Da es sich bei der blauen Stunde um einen umgangssprachlichen Begriff handelt, existiert keine offizielle Definition – im Gegensatz etwa zu den drei Dämmerungsphasen. Vielmehr bezieht sich der Begriff auf ein natürlich blaues Dämmerlicht, welches meist während der frühen Phase der Morgendämmerung und dem letzten Abschnitt der Abenddämmerung auftritt.

Grundsätzlich kann man die Lichtqualität jedoch am jeweiligen Tiefen- oder Höhenwinkel der Sonne festmachen. Das charakteristische blaue Licht entsteht am wahrscheinlichsten, während sich die Sonne zwischen 4 und 8 Grad unterhalb des Horizonts befindet. Laut dieser Definition erstreckt sich die blaue Stunde sowohl über Teile der nautischen Dämmerung als auch der bürgerlichen Dämmerung.

Warum ist das Licht blau?

Die wechselnden Farben der Himmels am Tag und während der Morgen- und Abenddämmerung entstehen zunächst durch die Streuung des Sonnenlichts in der Erdatmosphäre. Auf seinem Weg durch die Lufthülle unseres Planeten trifft das Sonnenlicht auf Luftmoleküle, die zunächst die blauen Lichtanteile streuen. Tagsüber erscheint der Himmel deswegen blau.

Je tiefer die Sonne jedoch unterhalb des Horizonts steht, desto größer ist die Entfernung, den ihre Strahlen durch die Atmosphäre zurücklegen müssen, bevor sie unsere Augen erreichen. So werden während der Dämmerungsphasen die blauen Farbtöne bereits gestreut, also quasi aus der für uns sichtbaren Farbpalette des Morgen- und Abendhimmels entfernt, bevor sie uns erreichen. So verbleiben vor allem Gelb-, Orange- und Rottöne, die in den helleren Phasen der Dämmerung mitunter für feurige Farbenspiele sorgen.

Dieser Mechanismus, die sogenannte Rayleigh-Streuung, erklärt jedoch nicht, warum der Himmel sich während der blauen Stunde, wenn sich die Sonne also noch weiter unterhalb des Horizonts befindet, wieder blau färbt. In dieser Phase der Dämmerung kommt statt der Rayleigh-Streuung ein anderes Phänomen vermehrt zum Tragen: die Chappuis-Absorption. Die Ozonschicht der Erde absorbiert den gelben bis roten Farbanteil des Sonnenlichts – übrig bleibt das blaue Lichtspektrum. Durch den tiefen Stand der Sonne müssen ihre Strahlen auch einen besonders langen Weg durch die Ozonschicht in 15-20 Kilometern Höhe zurücklegen. Der Effekt der Chappuis-Absorption wird somit verstärkt, während die Rayleigh-Streuung im schwindenden Sonnenlicht immer weniger zum Tragen kommt. Deswegen nimmt der Himmel in dieser Phase der Dämmerung einen tiefen Blauton an.

Dauert die blaue Stunde wirklich 60 Minuten?

Die Dauer der blauen Stunde hängt sowohl vom Breitengrad als auch von der Jahreszeit ab. In Gegenden, in denen die Sonne mittags im Zenit steht – zum Beispiel am Äquator während einer Tagundnachtgleiche – überquert die Sonne den Horizont im rechten Winkel. So entstehen sehr schnelle Übergänge zwischen Tag und Nacht, und somit auch eine recht kurze blaue Stunde. In Quito, der am Äquator gelegenen Hauptstadt von Ecuador, durchwandert die Sonne den Bereich zwischen 8 und 4 Grad unterhalb des Horizonts beispielsweise in gerade einmal 16 Minuten.

In den höheren Breiten dauert derselbe Prozess bedeutend länger. Bei 40 Grad nördlicher und südlicher Breite, zum Beispiel in Madrid und Wellington, dauert die blaue Stunde im März etwa 20 Minuten, in Oslo (etwa 60° Nord) und dem nördlichsten Zipfel der Antarktis (etwa 60° Süd) etwa 30 Minuten.

Innerhalb der Polarkreise und in angrenzenden Gebieten dominiert die Farbe Blau weite Teile des Winterhalbjahres. Hier steht die Sonne im Winter generell tief, und der Sonnenlauf beschreibt im Tagesverlauf eine vergleichsweise flache Kurve. In manchen Gegenden, in denen im Winter die Polarnacht herrscht, verbleibt die Sonne mittags im Bereich zwischen 4 und 8 Grad unterhalb des Horizonts – hier besteht der “Tag” also gewissermaßen aus einer mehrstündigen blauen Stunde.

Foto-Tipps für die blaue Stunde

Viele Fotografen schätzen die satten Farben und geheimnisvolle Stimmung der blauen Stunde. Da sie von einer niedrigen Lichtintensität und einer sehr hohen Farbtemperatur geprägt ist, eignet sich die blaue Stunde vor allem für Aufnahmen, die künstliche Lichtquellen einbeziehen: zum Beispiel Städte, Gebäude oder Brücken. Auch Landschaftsaufnahmen lohnen sich – in vielen Fällen empfiehlt es sich jedoch auch hier, künstliche Lichtquellen einzubeziehen, um Akzente gegen den tiefblauen Hintergrund zu setzen.

Übrigens: Auch mit modernen Handykameras kann man tolle Fotos während der blauen Stunde zaubern – besonders Kameras mit HDR (High Dynamic Range) eignen sich dafür.

Um die magische Atmosphäre der blauen Stunde einzufangen, folgen Sie unseren Foto-Tipps:

  • Machen Sie einen Plan: Die blaue Stunde in kurz – zu kurz, um sich mit Ausrüstung und Einstellungen zu beschäftigen, wenn das Licht gerade die perfekte Qualität erreicht hat. Unser Sonnenzeit-Rechner verrät Ihnen, wann die Sonne in Ihrer Stadt an einem frei wählbaren Tag den gewünschten Tiefen- bzw. Höhenwinkel erreicht (klicken Sie bitte auf die jeweilige Zeile in der Tabelle, um den Sonnenstand-Graphen für das gewählte Datum einzublenden). Machen Sie sich bereits im Vorfeld mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und erstellen Sie eine Liste mit den Motiven und Perspektiven, die Sie einfangen möchten.
  • Spielen Sie mit der Blende: Während der blauen Stunde ist das Licht stark gedimmt – eine recht kleine Blendenzahl stellt sicher, dass genug davon auf den Lichtsensor fällt. Außerdem verleiht eine weit geöffnete Blende dem künstlichen Licht in Ihrer Aufnahme eine besonders weiche Qualität. Um mehr Details einzufangen, wählen Sie stattdessen eine größere Blendenzahl und einen höheren ISO-Wert. Wählen Sie die ISO-Einstellung jedoch mit Bedacht: Eine höhere Empfindlichkeit des Sensors geht in der Regel mit mehr Bildrauschen einher.
  • Verwenden Sie ein Stativ: Besonders bei Fotos mit Langzeitbelichtung hilft ein Stativ, das warme künstliche Licht vor dem Hintergrund des tiefblauen Himmels optimal einzufangen.
  • Experimentieren Sie mit dem Blitz: Mit dem Blitz können Sie einen Gegenstand im Vordergrund hervorheben. Die Belichtungseinstellungen sollten sich auf den Hintergrund beziehen, der Blitz sollte auf das Objekt im Vordergrund zeigen.
  • Wählen Sie die Formate RAW oder TIFF: So können Sie Ihre Aufnahmen im Nachhinein bearbeiten, zum Beispiel um den Kontrast zwischen der blauen Stunde und künstlichen Lichtquellen weiter hervorzuheben.

Themen: Sonne, Atmosphäre, Lichterscheinungen, Astronomie